Raufutter
Das A und O für die Pferdegesundheit stellt eine grundsätzlich artgerechte, aber auch auf die Bedürfnisse deines Pferdes abgestimmte Fütterung dar. Im Nacholgenden möchte ich auf die unterschiedlichen Varianten an Raufutter für Pferde eingehen, da das Raufutter die Grundlage der Pferdefütterung darstellt und schlichtweg unerlässlich ist, während Pferde Kraftfutter lediglich als Zusatz- und Ergänzungsfutter angesehen werden sollte.
Raufutter für Pferde
Raufutter ist der Sammelbegriff für Heu, Stroh, Heulage und Silage, wobei Heu meines Erachtens die gesündeste Variante von Raufutter für Pferde darstellt – vorausgesetzt dein Pferd ist kein Heustauballergiker oder leidet unter anderen Atemwegserkrankungen. Die vorangehend genannten Raufutterarten sind allesamt rohfaserreich und relativ energiearm. Eine energiereichere Variante des Raufutters stellt beispielsweise die Luzerne dar.
Das Raufutter sollte im besten Fall in vielen kleinen Mengen über den Tag verteilt gefüttert werden. In der freien Wildbahn ist das Pferd bis zu 18 Stunden am Tag unter ständiger Bewegung und dabei mit der Nahrungsaufnahme beschäftigt. Daher ist der Magen des Pferdes im Verhältnis zum gesamten Verdauungsapparat sehr klein und produziert ununterbrochen Magensäure. Um eine Übersäuerung und daraus resultierende gesundheitliche Schäden zu vermeiden (z.B. Magengeschwüre), sollten daher Fresspausen von mehr als 4 Stunden vermieden werden. Viele schwören auf Heu ad libitum, d.h. 24 Stunden Heu zur freien Verfügung. Während diese Methode dem natürlichen Fressverhalten am Nächsten kommt, gibt es auch hier Nachteile zu beachten, die im vorangehend verlinkten Beitrag schön beschrieben werden. Um dem Dilemma zwischen zu langen Fresspausen und einer übermäßigen Heuaufnahme entgegenzuwirken, kann die Verwendung eines Heunetzes eine sinnvolle Lösung darstellen.
Heu
Qualitativ hochwertiges Heu zeichnet sich durch einen Rohfasergehalt von mind. 20 %, wenig Wasser (Feuchtigkeitsgehalt < ca. 15 %), wenig Eiweiß und kaum Zucker, dazu viele Kräuter und Gräser aus. Knickt man das Heu, sollten möglichst alle Halme durchbrechen, sonst ist es zu blattreich, d.h. es enthält zu viel Eiweiß und zu wenig Rohfaser. Letztere ist wichtig für die Kautätigkeit und die Gärung im Dickdarm. Je länger das Gras bzw. die Pflanzen sind, desto höher ist der Rohfaseranteil. Von daher ist das Heu des 1. späten Schnitts (zur Mitte der Blüte hin) am Geeignetsten.
Hochwertiges Heu aus optimaler Ernte und Lagerung lässt sich an der frischen, grünen Farbe und dem frischen, „grasigen“ Geruch erkennen.
Eine Faustregel zur täglichen Futtermenge besagt: 1 kg Heu pro 100 kg Körpergewicht (im Idealfall über den ganzen Tag verteilt, wie oben beschrieben).
Heulage/Silage
Heulage wird im Gegensatz zu Silage, die aus jungem Gras erzeugt wird, ebenso spät wie Heu geschnitten. Nach dem Schnitt wird Heulage auf 50 bis 60 % Trockenmasse (Silage ca. 35 %) heruntergetrocknet und anschließend gepresst und luftdicht verpackt. Als Siliermittel können dabei Melasse oder Bakterien zugegeben werden. (Wikipedia)
Heulage und Silage sind je nach Gegebenheiten oft einfacher in der Herstellung und Lagerung als Heu und werden daher von vielen Stallbesitzern bevorzugt.
Beim Trocknen von Gras zu Heu sind die Nährstoffverluste höher als bei der Milchsäuregärung zu Heulage oder Silage, d.h. Heulage und Silage sind tendenziell höher an Energie und Nährstoffen. Dabei enthält Silage aufgrund der früheren Ernte mehr Eiweiß als Heulage.
Heulage und Silage werden durch die sog. Milchsäuregärung hergestellt. Da die Silage eine höhere Restfeuchtigkeit hat, lässt sich das Gras beim Pressen sehr gut verdichten, so dass sich kaum Luft zwischen den Halmen befindet, was eine ordentliche Milchsäuregärung fördert. Das Verdichten der Gräser bei der Herstellung der Heulage gestaltet sich aufgrund der höheren Trockenheit schwieriger. Somit ist das Risiko von Lufteinschlüssen, Fehlgärungen und daraus resultierenden verdorbenen Ballen größer. Bei fehlerhafter Gärung können sich in der Heulage und der Silage schädliche Säuren, Hefen oder Schimmelpilze entwickeln, die die empfindliche Darmflora des Pferdes schädigen und aus dem Gleichgewicht bringen. Es kann zu Durchfall, Kotwasser und im schlimmsten Fall zu Koliken kommen. Dennoch stellen Heulage und Silage bei ordnungsgemäßer Herstellung, Lagerung und Verwendung ein akzeptables Raufutter für Pferde dar. Insbesondere bei Heustauballergikern oder Pferden mit chronischem Husten sind sie oft eine willkommene Alternative zum staubigen Heu. Dennoch bleibt zu beachten, dass der hohe Säuregehalt der Heulage oder Silage das Darmmilieu – gerade bei sensiblen und anfälligen Pferden – aus dem Gleichgewicht bringen kann. Eine Tierärztin hat mir bei meiner kolikbelasteten Stute empfohlen entweder Heu oder Heulage/Silage (wobei sie Heu bevorzuge) zu füttern. Ein ständiger Wechsel sehe sie kritisch, da sich das Darmmilieu (ph-Wert) immer wieder neu einstellen müsse.
Geöffnete Heulage-/Silageballen sollten innerhalb 2-3 Tagen verfüttert werden, da sie ansonsten durch die Luftzufuhr leicht verderben. Somit schließen sich diese Futterarten für kleinere Ställe mit wenig Pferden eher aus.
Da beide Futterarten einen deutlich höheren Wasseranteil als Heu besitzen, muss die tägliche Futtermenge entsprechend um 20-50 % nach oben korrigiert werden.
Stroh
Stroh wird oft als Raufutter für Pferde vernachlässigt. Während Stroh früher ganz gezielt als wertvolle Futterkomponente verwendet wurde, dient es heute, wenn überhaupt, nur noch als Einstreu. Vorweg sei auch gesagt, dass Stroh aufgrund seines hohen Lingingehalts die Gefahr der Verstopfungskolik birgt, wenn es in zu großen Mengen aufgenommen wird. Die maximale, unbedenkliche Menge beträgt 0,8 kg pro 100 kg Körpergewicht und Tag. Dennoch ist Stroh ein wichtiges, eiweißarmes Raufutter, das mit seinem hohen Ballaststoffanteil wichtig für eine gesunde Darmflora ist. Heutzutage wird oft alternative Einstreu verwendet, wie z.B. Späne. Auch meine Stute hat nach ihrem Klinikaufenthalt (in der Klinik werden nur Späne verwendet) auf Späne gestanden. Gerade für Pferde mit Kolikneigung rät die Klinik recht kategorisch von Stroh ab. Davon abgesehen, dass mir Späne auf Dauer sowohl logistisch als auch finanziell zu aufwändig waren (an meinem Pensionsstall stehen alle anderen Pferde auf Stroh), wollte ich meinem Pferd diesen wichtigen Ballaststofflieferant nicht vorenthalten. Angenommen das Heu hat nicht die beste Qualität, d.h. nicht den notwendigen Rohfasergehalt, kann meine Stute durch das Knabbern von Stroh ihre Bedürfnisse decken. Stroh wird sehr langsam gegessen und bietet somit auch eine gewisse Beschäftigungsmöglichkeit. Meiner Meinung nach kann das Pferd durch die Aufnahme von Stroh die gefürchteten, zu langen Fresspausen im Notfall selbständig regulieren.
Luzerne
Die Luzerne stellt eine Art natürliches Kraftfutter dar, da sie 50 % mehr verdauliche Energie enthält als qualitativ hochwertiges Heu. Trotzdem gilt die Luzerne als hochverdauliche Rohfaser, die ihre Energie langsam freisetzt. Sie enthält einen gewissen Fettanteil und sorgt somit für ein glänzendes Fell. Füttert man die Luzerne als Beigabe zum Kraftfutter, fungiert sie zum einen als „Geschmacksverstärker“ und zum anderen ergibt sich der positive Nebeneffekt des „Fress-Entschleunigers“. Die Stängel regen die Kautätigkeit an, es bilden sich mehr Speichel und somit mehr Bicarbonate, die den Säure-Haushalt im Darm positiv beeinflussen. Somit soll nachweislich das Kolikrisiko reduziert und die Verwertbarkeit des Kraftfutters erhöht werden. Neben der Beimischung zum Kraftfutter kann man Luzerne auch als Heuersatz oder -zusatz zur Aufwertung von qualitativ minderwertigem Heu verwenden. Die empfohlene Fütterungsmenge für ein Großpferd liegt zwischen 200 bis 500 Gramm pro Ration Kraftfutter bzw. im Falle des Heuersatzes kann man bis zu 5 kg täglich füttern.
Da die Luzerne für einen schnellen Substanzgewinn beim Pferd sorgt, ist sie besonders geeignet für alte und geschwächte Pferde, aber auch für tragende- oder laktierende Zuchtstuten sowie Jungpferde.
Auch wenn die Verwendung von Luzernepellets leichter in der Handhabung ist, sei erwähnt, dass durch die Pelletform der große Vorteil der faserreichen Struktur und deren positive Wirkung auf das Fressverhalten und den Verdauungsapparat verloren geht.